Die Erfindung der Ethnien
Zeitgleich mit der kolonialen Erschließung des Südens formte sich ein modernisierter Blick auf überseeische Länder aus. Die Menschen dort wurden zuerst als Angehörige verschiedener Ethnien betrachtet - die sich von denen Europas grundsätzlich unterscheiden würden. Es entstand die Wissenschaft der Völkerkunde, die auch der Besonderung der "Wilden" diente und damit deren Abwertung und Unterdrückung legitimierte. In der Moderne ging die Ethnisierung anderer Menschen schließlich zahlreichen Kriegen und Massakern voraus. Noch heute bezieht sich die Wissenschaft Ethnologie in ihrem Wortstamm auf den ethnos, aber sie scheint recht wohlwollend in Richtung Süden zu blicken. Auch Ethno-Look und Ethno-Musik sind positiv konnotierte, fremdenfreundlich assoziierte Zeitgeisterscheinungen. Hat die Kategorie der Ethnie ihre Gefährlichkeit verloren?