Der Haß auf die Juden, der sich antikapitalistisch aufführt, aber doch nur auf die Aufhebung des Kapitalverhältnisses in unvermittelt erste Natur provoziert, dieser Haß, den man gemeinhin, weil ökonomisch in Phrasen wie „Brechung der Zinsknechtschaft“ etc. pp. kostümiert, als den Antisemitismus schlechthin bezeichnet, muß sein auch politisches Gesicht herauskehren: seinen Plan einer definitiv kapitalen Souveränität. Die antisemitische ‚Kritik’ der Ökonomie erfordert die antizionistische ‚Kritik’ der Politik; und wie sich die negative Utopie der Verwandlung von Ausbeutung und Akkumulation aus einem gesellschaftlichen, historischen Verhältnis in die erste und fraglose Natur der Volksgemeinschaft im Antisemitismus ausspricht, so die barbarische Hoffnung auf die Verwandlung von Herrschaft und Souveränität in einen Staat des ganzen Volkes als Antizionismus. Darin besteht das authentische Programm des Nazifaschismus, daß Hitler von Anfang an nur insofern Antisemit sein konnte, als er zugleich als Antizionist auftrat. Als Hitler am 13. August 1920 im Hofbräuhaus seine erste dokumentierte Rede gegen die Juden hielt – das Motto war: „Wie kannst Du als Sozialist nicht Antisemit sein?“ – da sprach er im gleichen Atemzug gegen jedwede Staatlichkeit der Juden in Palästina. Überhaupt beobachteten die Nazis den Jischuw überaus genau, und als dann die gesammelten Palästina-Kommentare Alfred Rosenbergs aus dem „Völkischen Beobachter“ unter dem eben nur auf den ersten Blick befremdlichen Titel „Der staatsfeindliche Zionismus“ erschienen, war klar, wie überaus nachhaltig die Spaltung, die die Nazis am Kapital vollzogen, als sie es in ein „raffendes“ und ein „schaffendes“ zerlegten, genau der Spaltung der Herrschaft in einen „mechanischen“ Staat einerseits, den „organischen“ Souverän andrerseits bedurfte. Konsequent heißt es auch in Hitlers sog. „Zweitem Buch“ von 1928: „Das jüdische Volk kann mangels eigener produktiver Fähigkeiten einen Staatsbau räumlich empfundener Art nicht durchführen ...“ Erst im Antizionismus ist der Antisemitismus komplett.
Das Seminar wird von der Gruppe Kritik zum Frühstück organisiert. Texte zur Vorbereitung können bei angefordert werden. Jochen Bruhn ist beim ISF aktiv.