Am 27. Januar 1945 befreiten Angehörige der Roten Armee die letzten Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz, in dem über eine Million Menschen ermordet wurden. Auschwitz wurde zum Synonym für den industriellen Massenmord an den europäischen Jüdinnen und Juden. Andernorts setzten die TäterInnen ihr mörderisches Werk länger fort: Das kleinere, in Oberösterreich errichtete KZ Mauthausen, das einzige Vernichtungslager im "Reichsgebiet", wurde buchstäblich bis in die letzten Tage des zweiten Weltkrieges am Laufen gehalten - erst kurz vor dem Eintreffen amerikanischer Einheiten am 5. Mai 1945 verließen die Wachmannschaften der SS das Lager. Mauthausen wurde zum Ziel der Todesmärsche, auf die die Häftlinge aus anderen KZs geschickt wurden. Über 120.000 Menschen wurden in Mauthausen ermordet. Die Dokumentation aus dem Jahr 2005 zeigt den erschreckenden Umgang der lokalen Bevölkerung mit der Geschichte des Ortes. Eine krude Mischung aus Ignoranz und Verharmlosung ist selbst dort noch wirksam und schirmt von jeder Wahrnehmung des Grauens ab, wo dieses Grauen unmittelbar ins Auge fallen müsste: Man wohnt in den Häusern ehemaliger SS-Offiziere und scherzt über deren Gasheizung; man verkehrt im damaligen Stammlokal der faschistischen KZ-Aufseher und schätzt die Gedenkstätte vor allem als touristische Attraktion. Von Auseinandersetzung mit der Geschichte fehlt in dem Land, das sich als "erstes Opfer" des Nationalsozialismus fühlt, ebenso jede Spur wie von Empathie für die Ermordeten und Gefolterten. Die Arglosigkeit, mit der die heutigen BewohnerInnen Mauthausens über Zwangsarbeit und Mord scherzen, macht aus dem Konzentrationslager ein "folkloristisches Requisit", das mehr beschwatzt als beschwiegen wird. Die Dokumentation verstört, weckt Empörung ebenso wie Unglauben; vor allem aber zeigt sie die vielen Formen verfehlter und gescheiterter Auseinandersetzung mit der Geschichte in den Ländern der nationalsozialistischen TäterInnen.
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