Besonders überrascht darüber kann wohl niemand sein, weil es gängige Praxis des Staates ist, über Spitzel und Provokateure linke Bewegungen auszuhorchen oder zu schwächen. Gerade im Vorfeld zu den Protesten gegen den G8 hatte es in zahlreichen Städten entsprechende Versuche gegeben.
Auch in Freiburg versuchte der VS in den vergangen Jahren AktivistInnen anzuwerben und/oder Spitzel (mit erfundener Biographie) in die Szene einzuschleusen. Der letzte gescheiterte Anwerbeversuch war im Januar 2004 bekannt geworden.
Dieser Anquatschversuch ist ein Angriff auf die KTS, die verschiedenen im Haus aktiven Gruppen und die gesamte Freiburger Linke. Es ist ein Versuch der Kriminalisierung emanzipatorischer Strukturen. Es ist eine von vielen Möglichkeiten des staatlichen Repressionsapparates, um Druck auszuüben und AktivistInnen einzuschüchtern. Dadurch versucht der VS die berechtigte und notwendige Kritik an Herrschafts- und Verwertbarkeitslogik zu delegitimieren. Freiräume werden, wie sich auch durch die zahlreichen Hausdurchsuchungen in Norddeutschland in diesem Jahr zeigte, unter Generalverdacht gestellt.
Diese Vorgänge ignorieren wir nicht. Uns ist bewusst, dass emanzipatorische Politik für ein untragbares System, welches darüber hinaus täglich seine eigenen Regeln und Gesetze bricht, eine Gefahr darstellt. Deutliche und umfassende Kritik an den bestehenden Macht- und Herrschaftsverhältnissen und ihren Akteuren wird klein geredet, als Extremismus und Terrorismus diffamiert und AktivistInnen als Staatsfeinde und VerfassungsgenerInnen observiert, verfolgt und weggesperrt.
Dabei ist es nicht zuletzt eine historische Erfahrung, dass gesellschaftlicher Fortschritt, gerade im Bereich von Freiheitsrechten, von unten – gegen den Willen von Staate und Kapital – hart erkämpft werden musste, während regelmäßig der Staat und seine Akteure es waren und sind, die mit Notstandsgesetzgebung und vorgeschobenen Argumenten ihr eigenes Konstrukt einer kleinbürgerlichen undpseudomoralischen Verfassung gänzlich abschafften oder zumindest stetig aushöhl(t)en.
Wo war die Versammlungsfreiheit bei den letzten Demonstrationen in Freiburg, sei es zum D.I.Y. vor einem Jahr oder am 1. Mai? Was ist mit der Unverletzlichkeit der Wohnung, wenn diese auf vier Rädern steht? Warum ist es keine Meinungsfreiheit, sich zu den Vorzügen des Schwarzfahrens auf einem Flugblatt zu äußern? Gibt es ein Recht auf Asyl, wenn über 95 % aller AntragstellerInnen abgeschoben werden? Blieb die Menschenwürde unangetastet, als sämtliche Besitztümer der Strassenpunx in Müllcontainer gepresst wurden? Ist die körperliche Unversehrtheit noch gegeben, wenn jemand von einem Polizisten mehrere Faustschläge ins Gesicht bekommt?
So lange er sich nicht bedroht fühlt, werden vom Staat Freiheiten zugestanden. Ein herrschaftsfreies, auf Selbstbestimmung und Selbstorganisation gestütztes Zusammenleben passt jedoch nicht in die auf Hierarchie und Ausgrenzung basierende Ordnung. Und um dieser Bedrohung zu begegnen, beobachtet, und spioniert der Staat und lässt sich immer mehr einfallen, um in Namen der Sicherheit die Freiheit einzuschränken.
Wenn wir uns gegen den VS wenden, dann mit der generellen Ablehnung des Staates und seiner Organe, wozu nicht nur Geheimdienste, sondern auch Polizei, Justiz und Verwaltung gehören.
Fruchtbare und progressive Diskussionen sind nur dort möglich, wo ohne Angst vor Verfolgung und Repression Kritik geäußert werden kann. In diesem Sinne brauchen wir Freiräume; Orte, die dem staatlichen Zugriff entzogen sind, in denen wir Konzepte und Alternativen diskutieren und ausprobieren können, Räume, in denen wir unbefangen einander begegnen können und Gedanken geäußert werden, ohne dass sie gleich in irgendwelchen Akten vermerkt werden.
Ob und wie wir Staatsfeinde sind, bestimmen wir.
Für eine Gesellschaft ohne Staat und Kapital!
Geheimdienste überflüssig machen!
KTS-Montagsplenum vom 20.08.2007