Als Autonomes Zentrum und unkommerzieller Veranstaltungsort in Freiburg möchten wir uns zu der Debatte um die rassistische Einlasspolitik einiger Freiburger Clubs äußern, die seit zwei Wochen in den lokalen und bundesweiten Medien geführt wird. Sorgen bereiten uns insbesondere die Auswirkungen dieser Debatte auf das politische Klima in Deutschland.
Am 11.01.2016 beschloss das White Rabbit am Siegesdenkmal eine rassistische Türpolitik. Flüchtlinge sollten nur noch Zutritt zum Club erhalten, wenn sie sich zuvor einen Clubausweis besorgt hatten. Vorausgegangen waren vermehrte sexuelle Übergriffe und massive Gewalt unter der Beteiligung von Flüchtlingen. Am 13.01. verschickte das White Rabbit eine Mail an VeranstalterInnen mit dem Beschluss zu einer neuen Türpolitik und einer Einladung zu einer internen Veranstaltung eine Woche später, um über die Maßnahmen zu informieren. Diese Mail wurde von den EmpfängerInnen breit gestreut und im Zuge dessen auf Facebook veröffentlicht. Bei der Party am 16.01. wurden Flüchtlinge per Racial Profiling kontrolliert und abgewiesen. Einige dieser Flüchtlinge ließen sich am nächsten Montag Clubausweise ausstellen. Bei der internen Infoveranstaltung am 20.01. im White Rabbit gab es harsche Kritik an der rassistischen Einlasspolitik. Auf Druck der VeranstalterInnen wurde die neue Türpolitik für die kommenden Veranstaltungen ausgesetzt und vom White Rabbit am 25.01. zurückgenommen.
Am 22.01. thematisierte die Badische Zeitung die Türpolitik des White Rabbit und titelte: „Kein Zutritt mehr für Flüchtlinge in Freiburgs Clubs und Diskotheken“. Am folgenden Tag griff die dpa das Thema in einer Agenturmeldung auf, woraufhin alle relevanten Zeitungen und Newsportale berichteten. Das White Rabbit reagierte am Abend des 23.01. mit einer Stellungnahme auf Facebook. Bis zum 28.01. gab es fortwährende Berichterstattungen und Reportagen zum Thema. An diesem Tag fand auf Initiative der Stadt Freiburg ein „Runder Tisch“ mit Bürgermeistern, Ordnungsamt, Polizei, Frauenbeauftragter und ClubbetreiberInnen statt. Wenig überraschend wurde mehr Polizei und mehr Repression gefordert. Unabhängig davon wurden am Abend mit VeranstalterInnen im White Rabbit alternative Möglichkeiten diskutiert, wie zukünftig mit Sexismus im Club umgegangen werden sollte.
Insgesamt gab es bisher so gut wie keine Stellungnahmen von VeranstalterInnen im White Rabbit oder linken Gruppen in Freiburg. Wir würden uns mehr Positionierungen wünschen, die nicht nur eine rassistische Türpolitik wie im White Rabbit öffentlich zurückweisen, sondern auch die gängige rassistische Praxis und den weit verbreiteten Sexismus in vielen Freiburger Clubs und in der Geselschafft insgesamt kritisieren. Das White Rabbit war so naiv, ein rassistisches Türkonzept schriftlich zu versenden, was den Kristallisationspunkt für die Debatte bildete. Racial Profiling ist aber in vielen Freiburger Clubs seit Jahren rassistischer Alltag – genau wie bei der Polizei.
Dreist geheuchelt ist in diesem Zusammenhang beispielsweise die Stellungnahme des Crash in der Schnewlinstraße: „Wir haben eine eindeutige Hausordnung, die Sexismus, Rassismus, Macho-Anmachen oder Gewalt untersagt und vertrauen, um deren Einhaltung zu gewährleisten, voll und ganz auf die Erfahrung unserer Mitarbeiter.“ Unerwähnt bleibt dabei, dass eben diese Mitarbeiter regelmäßig Menschen brutal zusammenschlagen. Zudem wurde im Mai 2014 aus den Reihen der Crash-Türsteher eine Bürgerwehr gegründet. Diese Bürgerwehr wollte gegen die „unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge“ patrouillieren, die Opfer einer rassistischen Hetzkampagne der Badischen Zeitung waren.
Auch in der KTS gab es in der Vergangenheit Probleme mit sexistischen Übergriffen, Diebstählen und Gewalt, wenn auch nicht im gleichen Ausmaß wie bei kommerziellen Veranstaltungsorten. Häufig werden vor Veranstaltungen Awareness-Konzepte und der Umgang mit Gewalt auf Veranstaltungen diskutiert. Wir versuchen TäterInnen individuell zu sanktionieren und sprechen uns deutlich gegen Kollektivstrafen aus. In der KTS sind auch außerhalb von Veranstaltungen regelmäßig Flüchtlinge zugegen, die sich teilweise an der Lösung der Probleme beteiligen. Für uns ist es wichtig, dass wir Sexismus konsequent bekämpfen, aber nicht mit rassistischen Mitteln. Wir wehren uns dagegen, die Kämpfe gegen unterschiedliche Unterdrückungsmechanismen gegeneinander auszuspielen.
Die Debatte um Sexismus und Rassismus in Freiburger Clubs findet in einem gesellschaftlichen Klima statt, in dem nahezu jedes Wochenende Flüchtlingsunterkünfte brennen und die rassistische Partei AfD laut aktuellen Umfragen mit über 10% der Stimmen bei der kommenden Landtagswahl am 13.03. rechnen kann. Tausende RassistInnen marschieren als „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ seit geraumer Zeit gegen alles Fremde. Nach dem falschen Gerücht über die Vergewaltigung eines Mädchens in Berlin demonstrierten tausende Russlanddeutsche bundesweit gegen Flüchtlinge. Ein erschreckender Höhepunkt der physischen Gewalt gegen Flüchtlinge fand in der Nacht auf den 29.01. statt: bisher Unbekannte warfen im 65 km entfernten Villingen-Schwenningen eine Handgranate auf ein Flüchtlingswohnheim.
Gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft: Grenzen und Türen auf für Flüchtlinge, SexistInnen aufs Maul!
Communiqué vom 01.02.2016
Autonomes Zentrum KTS Freiburg