Marx, der Theoretiker des ’historisch unvermeidlichen Sieges der proletarischen Revolution’, die Kritik der politischen Ökonomie als ’wissenschaftlicher Ausdruck proletarischen Klassenbewusstseins’, als positive Wissenschaft eines naturwüchsigen Emanzipationsprozesses, zumindest des Zusammenbruchs der kapitalistischen Produktionsweise - so haben es der klassische Marxismus und seine bürgerlichen Kritiker tradiert.
Tatsächlich verarbeitet Marx v.a. in seinen früheren Schriften traditionelle geschichtsphilosophische und politökonomische Vorstellungen zu einem revolutionstheoretischen Modell, das im wesentlichen Verelendung und historische Mission des Proletariats, spontane Entzauberung der Alltagsverhältnisse, Universalität proletarischen Leidens sowie gradlinige Evolution der Produktivkräfte als notwendige und hinreichende Bedingungen für die Bildung revolutionärer Subjektivität und gelingender Umwälzung des Kapitalismus unterstellt.
Der Vortrag soll demgegenüber zeigen, dass sämtliche dieser revolutionstheoretischen Vorstellungen und Kriterien von Marx’ ausgearbeiteter Ökonomiekritik systematisch widerlegt werden, wobei sowohl werkimmanente Lernprozesse als auch bleibende Ambivalenzen im Verhältnis zur Geschichtsphilosophie beleuchtet werden.
Damit wird der wissenschaftliche Kern der Kritik der politischen Ökonomie als ’negative Theorie in praktischer Absicht’ erkennbar, Marx als Kritiker auch des proletarischen Klassenbewusstseins sichtbar, als Kritiker geschichtsphilosophischer und politökonomischer Denkformen, der in seiner negativ-desillusionierenden Haltung gegenüber der Arbeiterbewegung das ’polizeilich Erlaubte und logisch Unerlaubte’ ihrer Sozialismusvorstelungen nachweist. Die These lautet: Nicht die Re- volution, sondern ihre Unwahrscheinlichkeit und ihr Scheitern in ihren bisherigen Formen können mit Marx erklärt werden - und das ist nicht wenig.
Viele Texte von Ingo Elbe und anderen finden sich unter www.rote-ruhr-uni.net