Da die GEMA mit ihren Forderungen und ihrer Praxis unkommerzielle Kultureinrichtungen nachhaltig bedroht und schädigt, haben die Autonomen Zentren Alhambra, KTS und Raum2 Ende letzten Jahres den Verband zur Förderung und zum Schutz unkommerzieller Kunst und Kultur gegründet. Ziel des Verbandes ist, einen für unkommerzielle Kultureinrichtungen akzeptablen Gesamtvertrag mit der GEMA auszuhandeln.
Warum mit der GEMA verhandeln?
Die GEMA verfügt über eine umfassende rechtliche Sonderstellung, die ihr eine gewaltige Handhabe gegenüber Musikveranstaltenden einräumt. Durch die gängige Organisationsstruktur (autonomer) Kultureinrichtungen können auch wir uns ihren Angriffen nicht entziehen.
Es hat sich als praktikabel erwiesen, unsere Projekte zur Abwicklung des Rechtsverkehrs mit einem Verein zu ergänzen. Der Verein bietet den Vorteil, in seinem Namen Verträge (vom Nutzungs-, Strom-, Versicherungsvertrag über Konto bis zum Zeitschriftenabo kommt da einiges zusammen) abschließen zu können. Auch kommt er mit seiner potentiell mitgliederbestimmten Struktur den Bedürfnissen der Aktiven nach Mit- und Selbstbestimmung am nächsten. Nichtsdestotrotz ist er oft Zeichen und Bedingung einer Befriedung autonomer Räume und Initiativen - und nicht selten ein von uns gemachtes politisches Zugeständnis.
Bei diesen Vereinen macht die GEMA ihre Forderungen geltend, so dass ein Gegenüber in Rechtsstreitigkeiten greifbar wird.
Die GEMA und ihre Sonderrechte – sie haben ein Monster geschaffen.
Die GEMA nimmt in Deutschland die Musikverwertungsrechte ihrer Mitglieder wahr, indem sie Gebühren von Sendeanstalten, Herstellern von CD/DVD Rohlingen, Brennern und vielen mehr einzieht. Sobald Musik öffentlich zugänglich gemacht wird, kassiert die GEMA ab (z.B. 863000000 Euro in 2010).
Dabei sind zwei Ereignisse die Grundlage der heutigen Musikverwertungspraxis.
Oh nee, die Nazis!
Gleich nach der Machtübernahme 1933 wurden die bestehenden Musikverwertungsgesellschaften zu einer einzigen monopolisiert (STAGMA). Diese konnte die nazistische Kulturpolitik dank ihres Monopols umsetzen. Juden zum Beispiel erhielten keine Verwertungsanteile mehr ausgezahlt.
Und danach: Immer das gleiche!
Nach dem Krieg wurde STAGMA in GEMA umbenannt (die auch bei der Fusion schon Teil des Konglomerats war). Personal blieb gleich und rotierte ein wenig. Viel entscheidender war jedoch, dass die BRD rechtlich dem totalitären Akt folgte, und den Fortbestand einer einzigen Verwertungsgesellschaft durch Übernahme der Genehmigungspflicht bei der Gründung von Verwertungsgesellschaften sicherte. Bis heute wurde so neben der GEMA keine andere Verwertungsgesellschaft in Deutschland zugelassen.
So kam es 1965 unter dem Hinweis des faktischen Monopols der GEMA zur Verabschiedung des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes, das bis heute das Monopol der GEMA sichert und ihr ein rechtliches Bonbon einbrachte: Die sogenannte Gemavermutung.
Die Gemavermutung und die Welt der Musik.
Gemavermutung bedeutet: Es wird angenommen, dass die GEMA, weil sie die einzige Verwertungsgesellschaft in Deutschland ist, Verwertungsrechte an jeglicher öffentlich aufgeführter Musik hat.
Zusätzlich bestehen Verträge zwischen GEMA und ausländischen Verwertungsgesellschaften darüber, dass die GEMA in Deutschland deren Verwertungsansprüche wahrnimmt. Aus diesen zwei Voraussetzungen hat die GEMA - und die Justiz ist ihr willig gefolgt - abgeleitet, dass sie in Deutschland nicht weniger als das „Musik-Weltrepertoire“ vertritt. Diese Ansicht gipfelt wiederum in der gesetzlichen Annahme, die GEMA hätte Verwertungsansprüche bei jeder öffentlichen Veranstaltung, bei der Musik gespielt wird.
Daraus folgt, dass der Musiknutzende gegenüber der GEMA und den Gerichten nachweisen muss, dass keine verwertungsrechtlichen Ansprüche der GEMA an dessen Musikveranstaltung bestehen. Dies gilt auch bei gemafreien Veranstaltungen.
Wie selbst der Versuch des Nachweises der Gemafreiheit von deutschen Gerichten und GEMA ausgehebelt wird, könnt ihr am Beispiel KTS Freiburg nachlesen.
Auswirkungen auf dein LieblingsAZ und all die anderen
Bei den am Verband beteiligten Einrichtungen treten viele Musiker, die unbekannt, Teil einer Subkultur und/oder aus vernünftigen Gründen keiner Musikverwertungsmaschine angehören, auf. Wir sind ein Ausschnitt aus einem Kulturbereich, der sich mit den Rechten der GEMA kaum berührt, von diesen aber dennoch eingesogen wird. So verlieren unkommerzielle Projekte einen Haufen Geld und Arbeit in den Auseinandersetzungen mit der GEMA.
Dazu kommt, dass es der GEMA egal ist, ob nur ein Lied, oder den ganzen Abend durchgängig GEMA lizenzierte Musik gespielt wird.
So ergibt sich ein Paradox: Wir sind gezwungen, für Musik und Bands Gemagebühren zu bezahlen, die überhaupt nicht in der GEMA sind. Mehr noch: Die die Verwertung ihrer Musik ablehnen. Das eingenommene Geld verteilt die GEMA dann mehrheitlich an ihre finanzstärksten Mitglieder weiter. (ein älterer Artikel als Einstieg dazu)
Die Bands und Musiker, für die wir zahlen müssen, sehen davon keinen Cent.
Dazu verlangt die GEMA derart überzogene Gebühren, dass diese schnell der größte Kostenpunkt eines Projekts werden und es mit ein wenig Pech sogar zum Aufgeben zwingt. Wenn die GEMA 45 Euro für das Konzert einer gemafreien Band haben will, wird der Eintritt bei einer unbekannten Band eben einen oder zwei Euro teurer und/oder garantiert einen Abend, an dessen Ende ein dickes Minus steht.
Musikpiraten, CC-Lizenzen
Initiativen um gegen die missbräuchlichen Machenschaften der GEMA vorzugehen gibt und gab es immer wieder. Aktuell hingewiesen sei hier auf die Musikpiraten. Ihr Anspruch, über freie oder creative commons lizenzierte Musik Gemavermutung und Alleinvertretungsanspruch anzugreifen, findet seine Berechtigung nur dort, wo an die Gerechtigkeit des Rechts geglaubt wird.
Real vertritt die GEMA schon längst nicht mehr die Rechte von Künstlern ihres Broterwerbs willen, sondern die Musik selbst als abstrakte Vorstellung.
Konstitutive Grundlage und ideologischer Kern dieser Vorstellung ist der Verwertungsanspruch. Musik, die sich der Verwertung zu entziehen sucht (nicht lizenziert, lizenziert zur freien (unkommerziellen) Verfügung), berührt die GEMA und ihre Praxis nicht. Ganz einfach deshalb, weil Musik, die nicht kommerziell genutzt wird, oder genutzt werden soll, urheberrechtswahrnehmungsrechtlich nicht existiert.
Es ist naiv zu hoffen, fundierte Kritik und der Hinweis auf die heute unüberschaubare Menge an frei zugänglicher Musik, an der die GEMA keine Verwertungsansprüche besitzt, würde die gesetzlichen Grundlagen ihrer Monopolstellung und damit Gemavermutung und Alleinvertretungsanspruch kippen. Ohne Monopol und Sonderrechte kann es im Bereich der Musikverwertung gar keinen funktionierenden (d.h. effizienten + profitablen) Markt geben. Das zeigen die Erfahrungen der Musikverwertungsgesellschaften während der Weimarer Republik.
Die Kämpfe zur Abkehr von dieser Markt- und Warenideologie werden woanders geführt und entschieden.
Der Verband – das Ziel, die Möglichkeiten
In einem Verband können sich Vereine zusammenschließen, um gemeinsam ihre Interessen zu vertreten. Um für die Zukunft Möglichkeiten offen zu halten, können sich dem Verband zur Förderung und zum Schutz unkommerzieller Kunst und Kultur neben den Kultureinrichtungen und Veranstaltenden auch Künstler anschließen.
Primäres Ziel ist die Aushandlung eines Gesamtvertrages für Musikveranstaltende im Bereich nicht gewinnorientierter Kunst und Kultur. Dabei werden wir Berücksichtigung des hohen Anteils an nicht gemapflichtiger Musik, der ehrenamtlichen Arbeit und die sich aus dem unkommerziellen Anspruch ergebenden geringen finanziellen Möglichkeiten fordern.
Sollte sich nicht auf einen sinnvollen Gesamtvertrag zu einigen sein, lässt uns die Offenheit für Kunst- und Kulturschaffende alle Optionen zu einer übergreifenden Organisation von Künstler_innen und Veranstalter_innen.
Gesamtvertrag
Damit die GEMA mit willkürlichen Forderungen nicht die kleinen, ineffizienten Musikveranstaltenden vernichtet und zu einer Monopolisierung im Veranstaltungssektor beiträgt, zugleich aber nicht für jeden Veranstaltenden einzelne Verträge ausgehandelt werden müssen, sieht das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz die Schaffung von Gesamtverträgen vor.
Die GEMA muss auf Verlangen eines Verbandes einen angemessenen Vertrag anbieten. Einzelprojekte haben kein Recht auf einen angemessenen Vertrag.
Ziel des Verbandes ist, einen Pauschalvertrag auszuhandeln, der ohne die arbeitsaufwändige Erfassung der gespielten Musik in Titellisten und deren Weiterleitung an die GEMA auskommt. Diese bürokratische Scheiße schadet durch ihren immensen Arbeitsaufwand unseren Einrichtungen noch zusätzlich.
Konkrete Bedeutung für die am Verband beteiligten:
Der Verband handelt nur den Vertrag aus. Der Vertrag gilt also nicht automatisch für jeden am Verband beteiligten Verein. Jeder Verein entscheidet selbst, ob er diesen Vertrag mit der GEMA abschließen will. Das heißt, ihr entscheidet autonom, ob euer Verein den Vertrag mit der GEMA abschließt oder nicht. Der Verband trifft für euch keine Entscheidung. Übliche Praxis ist, dass die GEMA den Verbandsmitgliedern auf den ausgehandelten Vertrag Rabatt gewährt.
Der Haken – es gibt immer einen Haken!
Die Forderung nach einem angemessenen Gesamtvertrag kann von der GEMA nur abgewiesen werden, wenn aufgrund der zu geringen Größe des Verbandes ein Angebot durch die GEMA nicht zugemutet werden kann. Da wir auch nicht wissen, wie groß der Verband sein muss, brauchen wir euch alle!
Bei der Forderung nach einem Gesamtvertrag wird eine Rolle spielen, ob der Verband und seine Mitglieder eine homogene Gruppe repräsentieren. Ob und wie wir die Homogenität der Verbandsmitglieder nachweisen müssen, in deren Namen der Antrag auf einen Gesamtvertrag läuft, wissen wir noch nicht. Womöglich werden wir gezwungen sein, eine Auflistung von Projekten an die GEMA weiterzuleiten, die dann via Internetpräsenz auf ihre Gemeinsamkeiten geprüft werden.
Auf dieser Liste werden wir nur Vereine aufzählen, die entweder schon GEMA zahlen, oder bei denen die GEMA schon den Fuß in der Tür hat. Wenn ihr bis jetzt von der GEMA verschont wurdet und nicht der GEMA bekannt werden wollt, das Thema über kurz oder lang für euch aber zum Problem werden wird, macht uns das unbedingt deutlich. (siehe Antragsformular)
Auch euch braucht der Verband, um die nötige Repräsentativität für einen Gesamtvertrag zu erreichen.
Also los!
Infos, Satzung, Antragsformulare und Kontakte findet ihr auf der Seite: http://gemaverband.wordpress.com/ und auf den Seiten der KTS, Alhambra, Raum2.
Sprecht uns bei Fragen an, werdet Mitglied (kostet auch nichts!) und verbreitet die Infos über den Verband.
http://gemaverband.wordpress.com/
KTS Freiburg vs. GEMA