Unkommerzielle Konzerte, subkultureller Anspruch, hoher Arbeitsaufwand der Aktiven - und dann die dicke Rechnung von der GEMA. In der KTS verdient niemand etwas, oder: Wie Udo Jürgens an unserer Punkerkneipe mitverdient.
Ende 2011 fand am Landgericht in Mannheim ein Prozess zwischen der KTS Freiburg und der GEMA statt. Nachdem die GEMA einige Jahre zuvor für jede angemahnte Veranstaltung einen eigenen Prozess am Freiburger Amtsgericht gegen die KTS geführt und verloren hatte, änderte sie dieses Mal ihre Taktik. So wurden Veranstaltungen aus fast 3 Jahren zusammengeführt, um mit einem niedrigen fünfstelligen Streitwert das ungünstige Freiburger Amtsgericht zu umgehen und gleich zur nächst höheren Instanz vorzurücken. Das sollte sich auszahlen.
Worum es geht:
Die KTS als autonomes Zentrum ist antikapitalistisch und damit unkommerziell. Es versteht sich u.a. als Auftrittsort für Bands, die sich bewusst gegen die Verwertung ihrer Musik entscheiden. Zudem wird hier Musikern und Kulturschaffenden die Möglichkeit gegeben, öffentlich aufzutreten, wenn mangels Bekanntheit und/oder einer zu kleinen Subkultur eine kostendeckende Veranstaltung unmöglich ist. Bands werden für ihren Aufwand entschädigt. Verdient werden soll hier nichts.
Damit ist der Konflikt mit der GEMA, die keine andere Aufgabe hat, als aus der Musik den maximalen Profit herauszuholen, vorprogrammiert.
Und wo liegt jetzt das Problem?
Fast alle Bands, für die die GEMA im Verfahren Forderungen aufgestellt hat, waren und sind nicht Mitglied der GEMA oder einer anderen vergleichbaren Verwertungsgesellschaft. Durch die sogenannte GEMA-Vermutung und den Alleinvertretungsanspruch wird beim Thema Musikverwertung unter gesetzlicher Absicherung die Beweislast umgedreht. So kam es, dass die KTS vor Gericht gezwungen sein sollte zu beweisen, dass die Bands nicht in der GEMA sind.
Das hättet ihr ja vorher wissen können!
Wussten wir auch! Deswegen füllen Bands und Künstler bei Veranstaltungen sogenannte GEMA-Listen aus und stehen mit ihrer Unterschrift dafür ein, dass sie nicht Mitglied einer Verwertungsgesellschaft sind. An diesem Punkt kommt nun das Gericht ins Spiel.
Nachdem die GEMA im Vorhinein einen nicht tragbaren Vergleichsvorschlag vorgelegt hatte (Zahlung etwa der Hälfte der Forderungssumme + Knebelvertrag für die zukünftigen Jahre) legte das Gericht den Prozess auf 4 Prozesstage fest.
Trotz unserer ausgefüllten GEMA-Listen kündigten die Richter an, dass davon ausgegangen werde, dass auch die GEMA-freien Bands in der GEMA sind und wir zu zahlen hätten. Um ihnen das Gegenteil beweisen zu können, legten die Richter uns eine Liste von Bands und Namen vor, die sie als Zeugen hören wollten (in einem Zivilprozess ein völlig unüblicher Vorgang, der zu einem Befangenheitsantrag berechtigt hätte). Diese Liste enthielt mehrere Dutzend Musiker, meist jedes einzelne Mitglied der jeweiligen Bands. Diese als Zeugen in einem Zivilverfahren vorzubringen wäre Aufgabe der KTS gewesen. Also Bands anschreiben, Zeugen laden usw.: unser Problem.
So weit sollte es nicht kommen.
Das war jedoch nicht alles. Ein Schmankerl in der Prozessordnung schloss die KTS von Anfang an von einer (im juristischen Sinne) gerechten Verhandlung aus. Da die Bandmitglieder unsere Zeugen sein würden, hätte die KTS erst einmal für jede einzelne Person Fahrtkosten und Kosten des Arbeitsausfalls im Voraus übernehmen müssen. Diese wurden vom Gericht durchschnittlich mit ca. 200 Euro pro Person veranschlagt, sodass sich ein Gesamtbetrag von knapp über 15.000 Euro für die 4 Verhandlungstage ergab, der im Voraus an das Gericht gezahlt werden musste.
Dass ein unkommerzielles Projekt 15.000 Euro nicht nebenbei aus dem Ärmel schütteln kann, war auch den Richtern klar. So wurde sichergestellt, dass die KTS die meisten ihrer Zeugen aus finanziellen Gründen nicht hätte laden können. Der Großteil des Verfahrens war verloren, obwohl dem Gericht die GEMA-Erklärungen der Künstler_innen vorlagen, in denen bestätigt wurde, dass niemand aus der Band Mitglied bei GEMA und co ist.
Ergebnis:
Obwohl die KTS vor Gericht Erklärungen der Bands vorlegen konnte, sollten wir jedes Mitglied der GEMA-freien Bands vorladen, was finanziell unmöglich war. Trotzdem konnte die KTS den ersten Prozesstag stemmen.
Noch vor der Verhandlung wurde dann von der GEMA ein Vergleich über 4.000 Euro ohne Folgevertrag angeboten, den wir aufgrund der finanziellen Unmöglichkeit, das Verfahren führen zu können, annehmen mussten. Der vorfinanzierte Betrag vom Gericht ist mittlerweile wieder zurück und wird gleich wieder zur Tilgung der GEMA-Schulden verwendet.
Am Ende muss die KTS nun für Bands, die keiner Musikverwertungsgesellschaft angehören und zum Großteil die Musikverwertung aus politischen Gründen bewusst ablehnen, Gebühren an die GEMA zahlen, die diese wiederum nach ihrem ungerechten Verteilungsschlüssel an ihre finanzkräftigsten Mitglieder umverteilt.
Das Beste ist jedoch, dass dieses Verfahren nur einen Zeitraum bis Mitte 2008 abgedeckt hat und die GEMA von da an schon für den nächsten Streich die Verfahren gegen uns sammelt.
Was tun?
Es ist praktisch nicht möglich, GEMA-freien Bands öffentliche Auftritte zu ermöglichen, ohne trotzdem Gebühren an die GEMA zu zahlen. Die Beweismöglichkeiten der Veranstaltenden zerbrechen an den juristischen Vorteilen, die die GEMA genießt. Deswegen haben wir uns nach einem anderen Weg umgeschaut.
Verband gegründet, GEMA-Tarif gefordert.
Mit zwei ebenfalls von GEMA Forderungen betroffenen Projekten hat die KTS Ende des letzten Jahres den Verband zur Förderung und zum Schutz unkommerzieller Kunst und Kultur gegründet. Im Gegenzug zu den vielen rechtlichen Vorteilen, mit denen die Gesetzgebenden die GEMA ausgestattet haben, ist die GEMA verpflichtet, Verbänden angemessene Gesamtverträge anzubieten.
Dazu braucht der Verband weitere Mitglieder. An alle AZs und unkommerziellen Kulturveranstaltenden da draußen: unterstützt uns, informiert euch, macht mit. Mehr zum Verband findet ihr auf der Homepage der KTS oder direkt beim Verband.