Immer stärker zeichnet sich ab, dass die seit 21 Jahren besetzte Rote Flora im Hamburger Schanzenviertel ab März 2011 räumungsbedroht ist. Je mehr die Bedrohung des Projektes zunimmt, desto konkreter werden allerdings auch Vorbereitungen, um die Flora zu verteidigen. Das autonome Stadtteilzentrum ist dabei nicht isoliert, sondern steht im Zusammenhang mit der Entwicklung einer neuen Protestbewegung.
Bundesweit sorgte die "Recht auf Stadt"-Vernetzung im letzten Jahr für Aufsehen. Dieses Netzwerk hat sich aus verschiedenen linken Initiativen und Projekten im Schanzenviertel, St.Pauli Süd und Willhelmsburg entwickelt. Mittlererweile ist ein breites Spektrum, vom bedrohten Schrebergärten, Stadteilinitiativen gegen Umstrukturierung oder Gegner_innen der Fernwärmeleitung eines Kohlekraftwerks daran beteiligt. Künstler_innen besetzten das Gängeviertel, andere den Frappant-Komplex, wieder andere versuchen, die Aufwertung am Hafenrand durch den Bau des "Bernhard-Nocht-Quartiers" zu verhindern.
Die Diskussion um die Entwicklung der Stadt und Kritik am Standortwettbewerb bewegt dabei weit über die linke Szene hinaus die politische Situation. In der Erklärung "Not in Our Name" haben mehrere hundert Musiker_innen, Autor_innen oder Grafiker_innen sich gegen eine Vereinnahmung ihrer Kreativität im Sinne einer Standortpolitik als "Marke Hamburg" ausgesprochen und sich solidarisch mit aktuellen Besetzungen und der Roten Flora erklärt. Der schwarz/grüne Senat versucht, diesen Protesten mit einer Mischung aus Vereinnahmung und Repression zu begegnen.
Im Zentrum der Kriminalisierung stehen dabei autonome Strukturen und Anwohner_innen im Schanzenviertel. Heimliche Kameraüberwachung der Straßen aus Büros und Geschäften, massive Polizeipräsenz, Abhörmaßnahmen und Observationen gegen politische Aktivist_innen gehören zum Alltag. Die Repression ist dabei nicht nur eine Reaktion auf den Widerstand gegen Gentrifizierung, sondern auch Vorbereitung eines sich abzeichnenden Angriffs auf die Rote Flora.
Im Dezember 2009 wurde eine Polizeiwache im Schanzenviertel mit Steinen angegriffen und zwei dort abgestellte Streifenwagen in Brand gesetzt, um an den Tod von Alexandros Grigoropoulos zu erinnern, der von Polizisten in Athen erschossen wurde. In einer Erklärung der Gruppe Koukoulofori wurde sich auch auf eine möglicherweise bevorstehende Räumung der Roten Flora bezogen. Die Hamburger Polizei entwickelte im Folgenden aus den Sachbeschädigungen ein Ermittlungskonstrukt nach "versuchtem Mord" und das Bundeskriminalamt hat das Verfahren an sich gezogen. Hinter den Kulissen wird dabei an einem §129 Verfahren gebastelt. Diese Ermittlungen dienten Anfang des Jahres einer Neubestimmung der geheimdienstlichen und polizeilichen Schwerpunktsetzung in der BRD. Dabei wurde ein umfangreiches Dossier über linke Strukturen erstellt, um einen "Paradigmenwechsel" einzuleiten.
Wir haben AktivistInnen aus der Roten Flora eingeladen, welche uns über die Bedrohung des Projektes und Widerstandsperspektiven vor dem Hintergrund der "Recht auf Stadt"-Proteste und der aktuellen Repression berichten werden. Um einen visuellen Eindruck zu geben, wird am Anfang der Veranstaltung ein Film gezeigt.
Ermittlungsausschuss (EA) Freiburg & Anarchistische Gruppe [:ag] Freiburg