Krise des Kapitalismus - Krise des Krieges
Donnerstag, 19.02.2009, 20:00, Überlegungen zu gerne Übersehenem angesichts des NATO-Jubiläums

Nur weil Verteidigung drauf steht, muss nicht Verteidigung drin sein. Nur weil man den anderen als verschwörerischen “Warschauer Pakt” bezeichnet, erstrahlt man selbst noch nicht im hellsten Lichte. Gegründet wurde die NATO als “Verteidigungsbündnis”, doch als im Hintergrund operierendes wie aktiv auftretendes militärisches Bündnis war der NATO von Anfang an eine aggressive antikommunistische Strategie zu eigen. In der Anfangszeit der Kalten-Kriegs-Blocksituation, war die NATO ein zentraler Baustein der frühen politischen, wirtschaftlichen, aber eben stets auch militärischen Versuche, Westeuropa (besonders Italien, Griechenland, Frankreich) bei der westlich-kapitalistischen Stange zu halten und vom Einfluss des sowjetischen Staatskapitalismus oder gar Aufbau eigenständiger Sozialismen abzuschirmen. Die nationalen Befreiungsbewegungen der 50er, 60er und 70er Jahre standen später im Fokus der NATO-Strategie. Die internationalistische 68er Bewegung diskutierte deshalb auch parallel zu ihren antikapitalistischen Debatten, wie man der militärischen Komponente des autoritären Staates und des Spätkapitalismus entgegentreten könnte: Ein Ergebnis war die “Zerschlagt die Nato-Kampagne!” 1968. In dieser Zeit wurde auch mit dem Vietnamkrieg deutlich, dass der viel beschworene westliche Wohlfahrtsstaat in eine fundamentale Krise geriet: Den Fabrikrevolten, der Studentenbewegung, der großen und im Kleinen wirkenden Weigerung der Frauen so weiterzumachen, wie frau soll, trat die Krise der Kriegsführung zur Seite. Die US-Bevölkerung, und vorneweg die schwarzen GIs und die langhaarige Jugend, stieg aus dem Kriegswahnsinn aus. Die hochgerüstete US-Armee konnte sich gegenüber den Bauernrebellen in Vietnam nicht durchsetzen. Der hastige Abflug der US-Helikopter aus Saigon war nur der Auftakt zum heftigen Absturz der US-Ökonomie, der sich ab den frühen 70er Jahren andeutete. Aus dieser Krise konnte sich der zum Weltschuldner gewordene Hegemon der kapitalistischen Weltgesellschaft bis heute nicht befreien, sondern hat sich mit seinen gescheiterten neoliberalen Restrukturierungsversuchen nur tiefer in die Krise hinein manövriert. Die Sowjetunion stützte sich zwar auf einen ähnlich großen militärisch-industriellen Komplex wie die USA, aber trotz Kuba-Krise und Afghanistan-Intervention war die SU weitaus weniger interventionistisch gestimmt als die westliche Propaganda glauben machen wollte. Gegen das Niederwalzen der Revolten 1956 in Ungarn und in Prag 1968 durch russische Panzer hatte “der Westen” nicht wirklich etwas einzuwenden. Genauso akzeptierte “der Osten” widerwillig die vielen Interventionen der USA beispielsweise in “ihrem” Hinterhof Lateinamerika.

Die relative Stabilität der Kalten-Kriegs-Blocksituation ist vorbei. Gemütlicher wurde nach 1990/91 nichts. Der globale Kapitalismus ist nun nach einer Reihe von Bankencrashs in einer handfesten Krise gelandet - die logische Folge der Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte. Die NATO-Strategien scheinen immer ausgeklügelter, übermächtiger und unangreifbar zu sein. Aber aus ihnen spricht die Angst der Herrschenden vor einer löchriger werdenden Weltordnung. Die Gegner der NATO sind unübersichtlicher und unberechenbarer geworden. Eine wahre vielköpfige Hydra erhebt sich an allen Ecken des krisenhaften Weltkapitalismus: moderne Piraten, Häuser- und Straßenkämpfer aus den diversen gigantischen Slumgegenden und – wie bei dem NATO-Kosovo-Krieg 1999 – unkontrollierte Fluchtbewegungen, die es gilt einzudämmen. Der Kosovo-Krieg zeigte fernab aller Fehlwahrnehmungen und schlichter Propaganda, die diesen Krieg begleiteten (“Nie wieder Auschwitz im Kosovo”), dass die NATO militärisch die Logik des Marktes exekutiert: Serbien wurde als sozialistisches Transformationsland regelrecht in den Kapitalismus reingebombt. So will die NATO auch in Zukunft Sorge tragen, dass die kapitalistischen Spielregeln gewahrt bleiben oder in turbulenten Zeiten immer neu durchgesetzt werden. Vor dem Hintergrund der aktuellen kapitalistischen Krise wird es in den nächsten Jahren darauf ankommen, dass Alternativen gelebt, Aktionen geplant, über Perspektiven diskutiert wird. Es ist notwendig, dass der globaleKapitalismus, mit samt seinem Militär, wieder Gegner bekommt, die eine emanzipatorische Perspektive eröffnen.

Wir wollen in unserer Veranstaltung einige, oft wenig beachtete Punkte der NATO-Geschichte ansprechen: + Die Lüge vom Verteidigungsbündnis dementieren + Den unterschlagenen Widerstand beleuchten + Auf die Krise des Krieges zu sprechen kommen Diskussionsveranstaltung der Gruppe zu viel Arbeit (mit der NATO)