Geschichten aus der Geschichte und ihre Gegenwart - Vorgeschichten des Deutschen Herbstes 1977

Wir möchten mit einer Veranstaltungsreihe einen anderen Blick auf die Vorgeschichte vor allem des Jahres 1977 werfen und die Gründe für die Revolte Ende der 1960er/Anfang der 1970er Jahre in den Mittelpunkt stellen.

Heute betrachten vor allem diejenigen, deren Marsch durch die Institutionen bis in mittlere oder leitende Kaderpositionen staatstragender Institutionen wie Parteien, Gewerkschaften, Medien und Unternehmen geführt hat, diese Periode gerne als StudentInnenbewegung und Kulturrevolte. In den Jahren um „1968“ brachen allerdings auch die Widersprüche in den Fabriken durch, die sich in einer Welle von Arbeiterkämpfen in ganz Europa, vom faschistischen Spanien über die BRD bis in die realsozialistische Tschechoslowakei äußerte, in der BRD wurde das autoritäre Erziehungs- und Ausbildungssystem angegriffen, und weltweit kamen antikoloniale und antiimperialistische Befreiungskämpfe noch einmal in Schwung.

Diejenigen, die sich für den „bewaffneten Kampf“ entschieden hatten, standen vor ähnlichen Fragen wie andere politische Gruppen damals, allerdings befanden sie sich aufgrund ihrer Aktionen im Mittelpunkt der Debatte: Wie bezogen sich linke Gruppen auf die tatsächlichen sozialen Auseinandersetzungen, wie sahen diejenigen ihre eigene Rolle, die sich als Revolutionäre verstanden, was verstanden sie unter Militanz, auf welchen Analysen der Welt gründete sich das eigene Handeln, welche Utopie einer anderen Gesellschaft verfolgten sie, wie wurde diese Utopie in ihrem eigenen Leben sichtbar und mit welchen Mitteln kämpften sie für diese Utopie ...

Für Menschen, die immer noch eine ganz andere Gesellschaft erreichen wollen, sind diese Fragen auch heute wichtig.

Bei den Veranstaltungen zeigen wir Filme zu verschiedenen Aspekten der Revolte, den Filmen vorangestellt wird jeweils eine kurze Einleitung, im Anschluß ist Gelegenheit zur Diskussion.

„Wenn du die Notwendigkeit einer Reihe von Tatsachen feststellst, so vergiss nicht, dass du selbst eine dieser Tatsachen bist, und bestimme die Notwendigkeit möglichst genau, sie braucht nämlich, um eine Notwendigkeit zu sein, ganz bestimmtes Handeln.“ (Brecht, Notiz über die Dialektik)

Filmreihe und Diskussion „Vorgeschichten des Deutschen Herbstes 1977“

Beginn jeweils 20 Uhr, pünktlich.

Der Polizeistaatsbesuch“ 1967 - 17.10. Der Monarch aus Persien, einem wichtigen Ölexportland, trifft in Bonn und Berlin auf eine postfaschistische Gesellschaftsstruktur, deren Repräsentanten ihm huldigen und die Strassen sauber halten. Dabei stirbt Benno Ohnesorg am 2. Juni 1967 - einer der Ausgangspunkte für die Entwicklung militanten Widerstands.

Bambule, Erziehungsheime und Gegenwehr“ - 24.10. Gedreht 1969/70, erstmalig nach 25 Jahren gesendet, verweist auf den (Erziehungs-) Alltag und die Funktion damaliger Sozialarbeit. Das Thema bildete einen Ausgangspunkt für Randgruppen-Revolte und Bewusstwerdung gesellschaftlicher Herrschaftsverhältnisse.

Der unsichtbare Aufstand“ - 29.10. Klassiker des Regisseurs Costa Gavras von 1972, spielt die Entführung eines CIA-Folterspezialisten in Uruguay durch die Tupamaros nach und gibt einen Einblick in die südamerikanischen Militärdiktaturen. Das dortige Stadtguerillakonzept wurde in Westeuropa diskutiert.

Porto Marghera - Die letzten Feuer“ - 7.11. In dieser Dokumentation aus dem Jahr 2004 werden die militanten Arbeiterkämpfe, ihre Versuche der Selbstorganisierung sowie die Verbindung von Fabrik- und Stadtteilkampf der 60er und 70er Jahre in der Chemieindustrie bei Venedig zur Diskussion gestellt.

Schleyer, eine deutsche Geschichte“ - 14.11. Hans Martin Schleyer, 1977 von der RAF entführt, um die Freiheit einiger politischer Gefangener durchzusetzen, spiegelt die Kriegs- und Nachkriegs-Geschichte wie kaum jemand anderes wider. Es benötigte weitere 25 Jahre, bis ein solcher Film für das BRD-Fernsehen gedreht werden konnte.

Rote Zora - 21.11. Einzige Frauenguerilla in Deutschland, die aus der RZ hervorging, und sich in verschiedenen Aktionen gegen das patriarchale System betätigte (Gentechnik, § 218 , Frauenausbeutung). In Interviews blicken zwei Frauen auf diese Zeit zurück.

Wir hatten dem Staat den Krieg erklärt“ - 28.11. Interviews mit vier ehemalige AktivistInnen aus Bewegung 2. Juni und RAF, die 1997 einige Aspekte nicht nur ihrer Geschichte zusammentragen, die sie zur Guerilla führten und ihnen viele Jahre Isolationsknast einbrachten.

Alle Veranstaltungen im Strand-Café (am 31.10. ausnahmsweise im Minirasthaus) beides auf dem Grethergelände (Adlerstraße 12) in Freiburg statt.

Beginn jeweils 20 Uhr, pünktlich.

veranstaltet von der Gruppe „zuvielarbeit“